Rathaus Gräfrath

Rathaus in Solingen

Beschreibung

Das Rathaus Gräfrath ist das ehemalige Rathaus der einstmals selbstständigen Stadt Gräfrath, die heute ein Stadtteil von Solingen ist. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde 1907 bis 1908 nach Plänen von Arno Eugen Fritsche im Neubergischen Stil errichtet, wobei er die traditionellen Elemente im Sinne des zeitgenössischen Jugendstils gestaltete. Heute befindet sich in dem Gebäude das Kunstmuseum Solingen.

In der Freiheit Gräfrath gab es lange kein Rathaus. Das Haus des jeweiligen Bürgermeisters diente als Amtsstube und Gemeindearchiv. Als am 3. März 1698 zehn Häuser brannten, war darunter auch das des nach Köln verreisten Bürgermeisters. Damit waren die Akten der Freiheit vor 1698 vernichtet. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts entstand an der Gerberstraße ein Gebäude für die evangelische Schule, das auch als Rathaus diente. Am 22. Juli 1876 mietete die Stadt Gräfrath mit dem neuen Bürgermeister Friedrich Kürten (Amtszeit 1876 bis 1900) für sechs Jahre drei Räume und ein Speicherzimmer in dem Privathaus Täppken 149, das dem in Köln wohnenden Friedrich Wilhelm Wester gehörte. Doch schon zwei Jahre später erforderte die auf 5.600 gestiegene Einwohnerzahl, auf den weiteren Raumbedarf zu reagieren. Ein Grundstück an der heutigen Straße „In der Freiheit“ wurde von seinem Besitzer Dr. Wahn aus Köln für 4.350 Mark erworben. Darauf errichtete die Stadt nach Plänen des Ohligser Stadtbaumeisters Otto Franz das erste Rathaus Gräfraths, das 1881 unter der Adresse Gräfrath 21 (später Kaiserstraße 17) bezogen wurde. Erstmals befanden sich nun Amtsräume, Stadtratssaal und Bürgermeisterwohnung unter einem Dach. Die Stadtkasse und die Sparkasse blieben weiterhin in dem alten Schulgebäude. Das Rathaus war ein zweistöckiges geschiefertes Gebäude im altbergischen Stil mit dreiteiligen Fensterrahmen und grünen Schlagläden, das sich nicht von Wohnhäusern in Gräfrath unterschied. Als weitere Beamten eingestellt wurden, wandelte man immer mehr Räume, auch den Sitzungssaal, in Büros um. Am 13. Juni 1900 trat der Ostpreuße Bernhard Bartlau das Amt des Gräfrather Bürgermeister an(Amtszeit 1900 bis 1924). Er war vorher in der Verwaltung des Landkreises Solingen tätig gewesen. Am 15. April 1903 heiratete er in die Solinger Unternehmerfamilie J.A.Henckels ein. Der absehbare Raummangel im Rathaus führte dazu, dass ein Privathaus mit der Adresse Bergerbrühl 12 für die Bürgermeisterwohnung und die städtischen Kassen angemietet wurde. Dieses extra für diesen Zweck gebaute Haus bezog der Bürgermeister mit Frau und drei Monate alter Tochter im April 1905. Im Erdgeschoss des Rathauses gab es danach nur noch Amtsräume, im Obergeschoss befanden sich der Stadtratssaal, das Amtszimmer des Bürgermeisters und Amtsräume für den neu angestellten Baubeamten. In die Wohnräume im Dachgeschoss zog der Polizeisergeant Schlingensiepen mit seiner Familie. Gräfrath hatte inzwischen 9.025 Einwohner.

Mit Bernhard Bartlau als neuem Bürgermeister wurde ab 1902 über ein neues Rathaus nachgedacht. Sein Vorgänger Kürten hatte noch 1899 vorgeschlagen, dass die vergleichsweise kleine Stadt Gräfrath sich mit Höhscheid, Ohligs, Solingen und Wald zu einer Stadt vereinigen solle. Bartlau setzte dagegen Akzente für eine eigenständige Weiterentwicklung Gräfraths, wie unter anderem die Einführung der Elektrizität (1901) und der Wasserversorgung mit dem Wasserturm am Exerzierplatz (1905) sowie der Gestaltung des Marktplatzes ab 1906 oder der Einführung eines eigenen Wappens 1907. Die Diskussion über den Standort des neuen Rathauses wurde sehr kontrovers geführt. Nachdem beschlossen worden war, das Rathaus in den Stadtteil Central als Mittelpunkt und zukunftsfähigsten Teil der Stadt zu verlegen, gab es heftigsten Widerstand der Bewohner des alten Ortskerns Die Neuordnung der Gemeindegrenzen 1807 während des napoleonischen Großherzogtums Berg hatte das Gemeindegebiet Gräfraths erheblich nach Süden bis nach Schlagbaum und Stöckerberg vergrößert, wobei sich im Laufe des 19. Jahrhunderts im Stadtteil Central ein industrieller Schwerpunkt mit der Gesenkschmiede F.W. Rauh und der Stahlwarenfabrik Gottlieb Hammesfahr sowie der Dampf-Chocoladen & Zuckerwarenfabrik Gebr. Hillers gebildet hatte.

Angesichts der drohenden Spaltung unter den Bürgern vertagte Bartlau das Thema erst einmal und nahm es 1906 wieder auf. Er schlug als Kompromiss für den Bauplatz ein Grundstück auf der Höhe der Provinzialstraße (Wuppertaler Straße) neben der Brücke über die Korkenzieherbahn vor, so dass das Gebäude auf der Anhöhe gut sichtbar und erreichbar wäre. Am 12. November 1906 beschloss die Stadtverordnetenversammlung den Bau des Rathauses. Der Kostenvoranschlag sah für das Grundstück 26.000 Mark und den Bau etwa 134.000 Mark vor, was durch eine Anleihe über 160.000 Mark mit 1 Prozent Tilgung finanziert werden sollte. Der bekannte Elberfelder Architekt Arno Eugen Fritsche, der schon die Solinger Lutherkirche mit entworfen hatte, wurde mit der Bauplanung beauftragt. Die Bauleitung lag bei Stadtbaumeister Walter Heipertz. Es durften nur in Gräfrath hergestellte Mauerziegel verwendet werden. Der Bau begann am 28. Juli 1907. Am 12. August 1907 fand die Grundsteinlegung statt. Am 24. Oktober 1908 wurde das neue Rathaus feierlich eingeweiht. Bürgermeister Bartlau bezog seine neue Dienstwohnung mit der Adresse Kaiserstraße 1a (das benachbarte Bahnhofsgebäude hatte die Nr. 1) am 26. Oktober 1908. Unter dem Dach des neuen Rathauses befanden sich nun auch der Polizeiposten und die Sparkasse. Mit abgerechneten 163.978 Mark wurden die geplanten Kosten nur geringfügig überschritten.

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